Das Try Pots ist der “fishiest of all fishy places”. Von morgens bis abends kocht dickflüssiger Chowder in den Töpfen: “Chowder for breakfast, and chowder for dinner, and chowder for supper”, bis man glaubt, die Fischgräten kämen schon durch die Kleidung heraus. Obwohl hier sogar die Milch nach Fisch schmeckt und das Wirtshausschild an einen Galgen erinnert, gilt es als eines der besten Hotels auf Nantucket. Am Tisch sitzen zwei Matrosen, die sich im Morgengrauen auf die Suche nach dem weissen Wal machen werden: Ishmael, der weisse Seemann und Erzähler, nimmt mit seinem schwarzen Kumpan Queequeg einen traditionellen Clam Chowder zu sich. « … thinks I to myself», denkt ersterer laut, als wir uns zu ihnen setzen und schon bald erfahren, wie Queequeg den Gott Yojo befragt und was es für einen richtig guten Clam Chowder eigentlich braucht.
Die Szene stammt aus Herman Melvilles epochalem Roman Moby-Dick; or, The Whale (New York, 1851).
Der Roman beschwört die Suche nach dem grossen Untier, dem Leviathan. Sie beginnt im Manhattan des 19. Jahrhunderts, als Ishmael auf dem Walfängerschiff Pequot anheuert. Es wird vom einbeinigen Käpt‘n Ahab kommandiert, an und unter Deck wimmelt es von seltsamen Gestalten – und man sticht in See, obschon das Schiff nach einem ausgestorbenen Indianerstamm benannt ist. Düstere Vorahnung hin oder her: Der Kapitän will den weissen Wal, der ihm sein Bein geraubt hat.
Der Roman, der zu seiner Publikationszeit meist missverstanden wurde, dreht sich um die Frage, ob ein Mensch sein Leben dazu einsetzen darf, eine tiefe Verletzung, die er in sich trägt, zu rächen – und ihren Urheber unter Aufbietung nicht nur der eigenen Kräfte zu verfolgen. Der Roman bietet die Crew auf der Pequot einerseits, den weissen Wal andererseits zu einem Duell auf, das er in übersteigerter Brutalität abbildet. Auf der Monumentalbühne des Meeres sehen wir Männer verzweifeln und sterben, aber ihr Anführer bleibt besessen. Er will den Wal ums Verrecken.
Melvilles Roman ist vielschichtig, auch der frühindustrielle Umgang mit der Natur bricht sich in ihm, denn der Glattwal, den Ahab mit einem dunklen Verfahren der Gewinnverteilung im Sinn verfolgt, bedeutet eigentlich die Welt. Melville ist ein Seher aus dem 19. Jahrhundert, der auch uns sieht. Bob Dylan gesteht in seiner Nobelpreis-Rede, dass Ishmael, der einzige Überlebende, in vielen seiner Songs weiterlebt. Wer den Klassiker in die Hände nimmt, lässt ihn nicht mehr los. Von derselben Magie ist auch der Clam Chowder.
Clam Chowder (Suppe mit Muscheln) oder Cod Chowder (Fischsuppe) erinnert an die Vermählung der Elemente in der Küche der Neuengländer. Das Geheimnis liegt in der richtigen Gewichtung von Küsten- und Meer-Anteil, das Sie ebenso entzücken möge wie Ishmael: „But when that smoking chowder came in, the mystery was delightfully explained. Oh, sweet friends!”
2 Schalotten, sehr fein hacken in einer grossen Kasserolle gelb dünsten, dazu 4 mittelgrosse festkochende Kartoffeln zuckerwürfelgross geschnitten beigeben, anziehen und mit 2 dl trockenem Weisswein ablöschen
4 mittelgrosse Rüebli, schälen und in Streifen schneiden und quer hacken, so dass zehnmal kleinere Rüebliwürfeli entstehen und 1 Bund Suppenselleriekraut (alternativ: einen Teelöffel Selleriesalz) feingehackt beigeben
Wenn Flüssigkeit auf Null reduziert ist, 3 dl Gemüse-Bouillon beigeben und etwas köcheln lassen, dann 2 dl Milch beigeben und nach 25 Minuten Kochzeit den Meeranteil beifügen
300 g festkochenden Meerfisch (cod ist Kabeljau) in Würfel geschnitten beigeben, zusätzlich 100 g Jakobsmuscheln halbiert (alternativ: gleiche Menge Crevetten) beigeben und 7 Minuten fertig garen
Vor dem Servieren einen Becher Creme fraîche und einen Bund feingehackte italienische Petersilie darunterziehen und sehr heiss servieren. Dazu frisches Baguette, Ciabatta oder Pagnol und ein Gläslein Feuerwasser zum Abschluss!
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